Franken, Spirituelle Wanderungen
Engel kämpfen auf dem Rotweinweg
Engel stehen unter Kitschverdacht. Einem gar nicht süßlichen Verständnis der in vielen Religionen bekannten Wesen nähern sich 61 Wanderer einer spirituellen Tagestour zum Kloster Engelberg an. Sie steht unter dem Motto “Engel kämpfen auf dem Rotweinweg”. Pfarrerin Regina Westphal und Schriftsteller Georg Magirius leiten die Tour der Reihe GangART von Klingenberg nach Miltenberg. „Die Sehnsucht nach engelartiger Leichtigkeit kommt wohl daher, dass es im Leben nicht immer leicht zugeht“, sagt Georg Magirius. Wie zur Illustration dazu begegnen die Wanderer in der Hochkreuzkapelle bei Röllfeld einem außergewöhnlichen Kruzifix. Da sind die bekannten Wunden, aber außerdem noch Spuren eines Pistolenschusses an der Wange Jesu. Nach der ersten Rast ganz in der Nähe des Pistolenschusskruxifixes gewährt der Fränkische Rotweinweg Blicke in die ausladende Mainebene.
Treppenmartyrium
Nach drei Stunden Wegstrecke an dem frühsommerlichen Tag das: Die steilen Engelstaffeln zum Kloster. „Die Stufen müssen sein“, sagt eine Teilnehmerin schnaufend: „Wegen des Martyriums.“ Das Treppenmartyrium mündet allerdings erfrischend. Denn die Klosterpilger laben sich an dunklem Bier, das nach altem Mönchsrezept gebraut ist. „Engel können kämpferisch sein. Sie nehmen es mit lebensfeindlichen Mächten auf“, sagt Pfarrerin Westphal und lenkt den Blick von den Gläsern weg zum Giebel der Klosterkirche. Dort ist Erzengel Michael dargestellt: Er besiegt im endzeitlichen Kampf den Drachen, eine bildliche Darstellung aus der Johannesapokalypse, dem letzten Buch der Bibel. Im Innern der Klosterkirche viele Deckengemälde mit weiteren biblischen Szenen von kraftvollen Engeln. Sie erzählen: Die Boten Gottes sind nicht im Himmel geblieben, sondern Menschen zu Hilfe gekommen.
Engel sind undressierbar
16 Kilometer Weg sind kein Marathon. Dennoch ist unterwegs die Müdigkeit nicht ausgeschlossen. Womöglich schärft sie den Blick für ganz leichte, lichte Momente. Über den Köpfen ziehen Paraglider ohne Fahrplan ihre Bahnen. In Bodennähe flirren zarte Fluggeschöpfe. „Der Flügelschlag kann einen innerlich lachen lassen“, sagt Westphal an einem Schmetterlingsgarten. „Wegen ihrer farbigen Schuppen sind sie glatt wie Seife“, sagt Magirius. „Man kann sie kaum greifen.” Womöglich sei das wie bei Engeln. Wer sie dressieren will, erfahre nichts von ihrer Kraft und Leichtigkeit. Die Fotos stammen von Georg Magirius und Manfred Kürsch.
Die Reihe GangART
GangART ist eine von Georg Magirius und Regina Westphal ins Leben gerufene Reihe Spiritueller Tagestouren. Sie führen durch Spessart, Odenwald, Frankfurt, Rhön, Haßberge, Steigerwald, Fränkisches Weinland, Taunus und Schwarzwald. Resonanz erfährt die Reihe in FAZ, Publik-Forum-Extra, Main Post, in der Evangelischen Sonntags-Zeitung, dem Bayerischer Rundfunk, im Deutschlandfunk, im Genussmagazin Tiepolo, der Frankfurter Neuen Presse und im Würzburger Sonntagsblatt. Zusammenarbeit zum Beispiel mit Herder Reisen, Propstei Rhein-Main, Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck, Goethe-Universität Frankfurt, Christen in der Wirtschaft, Erwachsenenbildung in Stadt Offenbach, Verein Andere Zeiten Hamburg. Informationen zu aktuellen Wanderungen sind hier.