Spirituelle Wanderungen
Expedition Ataraxia
Mehr als 20 Wanderer der Reihe GangART machen sich zu einem der geheimnisvollsten Orte auf, die ein Mensch erkunden kann. Gemeint ist nicht der Mars, zu dem laut Forschermeinung in gar nicht langer Zeit Weltraumwanderer starten werden. Nein, der im September 2012 anvisierte Ort ist unsichtbar, keine Sonde kann ihn vermessen. Mag er verletzbar sein, bleibt er dennoch unbesiegbar. Ihm entspringen Kräfte, er sorgt für Frieden und wirkt dann wieder wie ein Funke. Ein unknackbarer Kern, der sich dem Himmlischen jedoch auf unbezwingbar weiche Weise öffnen kann. Die “Expedition Ataraxia” hat zum Ziel: die unerschütterliche Seeleruhe. Pfarrerin Regina Westphal und Schriftsteller Georg Magirius leiten die Tour.
Respektvoll auf der Grenze
Man startet in Markt Bibart in Mittelfranken und wählt den Kunigundenweg. Vom Turm am Hüßberg schauen die Wanderer in die Ferne. Und die Augen fahren dabei jene Linie entlang, wo die Baumspitzen des Steigerwalds ins gegenstandslose Blau des Himmels hinübergleiten. Bald ist auf dem Kammweg die Grenze erreicht, hinter der das Ziel liegt. Man überschreitet sie aber nicht, sondern wandert respektvoll auf ihr entlang. Mit Eichelberg und Hüllerberg (ein Vierhunderter!) erklimmt man Gipfel des Steigerwalds, ohne es recht zu merken. Die Täler zwischen den Erhebungen nämlich verzichten auf fast jede Tiefe.
Mit Kaisergattin Kundigunde unterwegs
Der Weg wird zum Pfad und immer grüner, was daran liegt, dass Kaisergattin Kunigunde vor 1000 Jahren zur Einweihung der Kapelle in Bullenheim genau diesen Weg gegangen ist. Und wo die Füße den Boden berührten, wuchs ein üppiger Teppich aus Gras, erzählt die Legende. So wird die Politikerin und Heilige heute noch von Menschen verehrt, die wilde Gärten und das Gehen lieben.
3:03 h bis zum Seelensee
Noch wilder wird es, man verlässt den Kunigundenweg und damit Mittelfranken. Die Grenze ist passiert! Die Seelenerforscher dringen in Unterfranken ein, das unter manchen Experten als mystischste Gegend Deutschlands gilt. Die Expedition Atarxia führt durch einen Wald, in dem Bäume wachsen und fallen dürfen, wie es der Natur gefällt. Und dann? Da ist man an dem Ort angekommen, der den Wolf im Namen trägt. Zwischen Urwaldbüschen glitzert es, tiefgrün schimmert das Wasser des bei Iphofen gelegenen Wolfsees. Die Oberfläche glatt, ab und zu sacht von Wind gekräuselt. Nach 3:03 h ist man am Ziel.
Wo Eisvogel und Biber leben
Dieses Ziel erzählt vom Seelensee. Und davon, was Epikureer und Stoiker als ataraxia bezeichnen, nämlich die ungestörte Seelenruhe. In einer Landschaft also, wo die Genehmigungserotiker und Zwangsneurotiker keinen Einfluss haben, zeigt dieser See sein sanftes Gesicht. Eisvogel und Biber leben dort, die es an diesem Tag nicht nötig haben, sich bühnenreif beweisen zu müssen. Von Biberzähnen gefällte Bäume zeigen indes, welch fantastische Kräfte hier zum Zuge kommen.
Mit Bibartianern im Dorfgasthof
Da hebt Pfarrerin Regina Westphal die Hände und den Frieden ins Wort, der seit bald 3000 Jahren weitergegeben wird: Den Segen nach der Weise Aarons, der von der unmessbaren Gnade und dem Antlitz Gottes weiß, das gerade in jene Wälder hineinleuchtet, in denen das Geheimnis unergründbar bleiben darf. So geht man friedlich aus Unterfranken heraus und kehrt im Dorfgasthof von Markt Bibart ein, wo man wie nebenbei erfährt: Die Ataraxia ist ebenso in Mittelfranken anzutreffen. Auf vollendet friedliche Weise gelöst sitzen die Bibartianer dort vor ihrem Glas, denn der Club hatte sein Auswärtspiel im Borussia-Park gerade mit 3:2 gewonnen.
Die exakte Wegbeschreibung
Die exakte Wegbeschreibung der Tour “Wo Eisvogel und Biber leben” findet sich in dem Buch “Mystische Orte. Wanderungen durch Unterfranken” von Regina Westphal und Georg Magirius. Sie haben außerdem das Buch “Frischer Wind auf alte Wegen” veröffentlicht. Die Pfarrerin und der Schriftsteller leiten seit 2009 spirituelle Wanderungen in Unterfranken. Informationen zu aktuellen Touren sind hier.