Frankfurt

First Class ins Abseits

Wechselhaft mit Schauern – so lässt sich das Klima der Basis des Bistums Limburg beschreiben. Das ergibt eine Reportage von Georg Magirius, in der Befragte aus Westerwald, Taunus und Frankfurt sich zu Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst äußern. Das Manuskript des Beitrags im Deutschlandradio Kultur vom 22. Juni 2013 ist hier. Seit seinem Amtsantritt 2007 kommt Tebartz-van Elst immer wieder in die Kritik. Er sei zu autoritär, heißt es, auch Prunk und Pracht zugetan. Seit Mai 2013 ermittelt die Staatsanwaltschaft in Hamburg gegen ihn. Vorgeworfen wird ihm eine eidesstattliche Falschaussage im Zusammenhang mit einer Flugreise nach Indien. Er habe niemals gegenüber einem „Spiegel“-Reporter gesagt, nicht 1. Klasse nach Indien geflogen zu sein. Ein nachträglich aufgetauchtes Video zeigt ihn mit eben jener Aussage. Man hat den Eindruck: Der Bischof ist First Class ins Abseits geflogen. Den Beitrag hören:

First class ins Abseits (Deutschlandfunk Kultur)
Peter Bandur protestiert mit Witz und musikalisch gegen den Bischof von Limburg, der First Class ins Abseits geflogen ist

Protest im Internet

„De Bischof voh Limbursch“, ein Protestsong im Internet, ist fast 50.000 Mal angelickt worden. Und das, obwohl die Verse von Peter Bandur aus Niedertiefenbach in einem Dialekt zu hören sind, den – sagt er – „selbst im Westerwald nicht jeder versteht. Es liegt wohl am Thema, der Bischof ist halt nicht sehr beliebt. Und Westerwälder Platt ist eine derbe Ausdrucksweise, die sich anbietet, um Tacheles zu reden.“

Guter Zuhörer

Man solle sich ein eigenes Bild vom Bischof machen, sagt Monika Brendel, die in der Nähe von Bad Camberg im Taunus im Gottesdienst Orgel spielt. Altbischof Franz Kamphaus sei allerdings sehr beliebt gewesen: „Das sind Welten! Der ist bescheiden, der ist gelaufen, der hat die Aktenmappe unterm Arm genommen, der hat jeden gekannt in Limburg.“ Tebartz-van Elst empfinde sie aber nicht als eingebildet: „Wenn man ihn erleben würde, würde man merken, dass er natürlich ist.“ Gleich bei Amtsantritt habe Tebartz-van Elst deutlich gemacht, dass es zum synodalen Weg im Bistum keine Alternative gebe, meint Ingeborg Schillai aus Taunusstein-Wehen. Sie ist Präsidentin der Diözesanversammlung und damit oberste gewählte Vertreterin der Laien im Bistum.

Ingeborg Schillai: Die Kirche besteht auch ohne Bischof

Stefan Diefenbach vom Weltladen in Frankfurt-Bornheim rät dem Bischof, statt First Class ins Abseits zu fliegen, einmal zu Fuß durch die Pfarreien zu wandern

Der synodale Weg betone das Miteinander von Amt und Mandat, Laien könnten mitbestimmen und beraten. „Wenn er gute Argumente gegen etwas hört, das er vorher vorgeschlagen hat, ändert er auch seine Meinung. Es ist nicht so, wie es manchmal gesagt wird, er habe eine Meinung – und Punkt.“ Überhaupt stehe das Amt des Bischofs zu sehr im Fokus. Natürlich lasse sich ein Bischof als Gesicht des Bistums bezeichnen. „Aber die Kirche, jede Pfarrei, würde auch bestehen, wenn der Bischof nicht da ist. Jeder hat seinen Auftrag, jeder lebt seinen Glauben.“

Kritik am Profikatholizismus

Rainer Bock, der sich im Weltladen in Frankfurt-Bornheim engagiert, interessiere sich kaum für “den Profikatholizisimus, diese Hierarchieen, wer da jetzt Oberpriester ist oder Diakon undsoweiter.“ Wichtig stattdessen: Beispiel geben, „indem man sich an dem orientiert, was Jesus vorgelebt hat.“ Die angemessene Flugklasse für einen Bischof, der nach Indien reist? „Warum muss er überhaupt dorthin? Die Hauptsache, das Geld kommt an und die Leute dort kümmern sich darum, dass mit dem Geld etwas gemacht wird.“

Zu Fuß in die Pfarreien?

Kein Bischof sei aus theologischen oder sonstwelchen Gründen zum Fahren eines Dienstwagens verpflichtet, sagt Stefan Diefenbach, Geschäftsführer des Weltladens Bornheim. Der Papst ist nach seiner Wahl mit anderen Bus gefahren: „Warum kann ein Bischof nicht auch mal sagen: Ich nehme mir ein Jahr und wandere von Pfarrei zu Pfarrei?“ Das Bischofsamt hält er für sinnvoll. Nur komme es darauf an, wie man es interpretiere. Er wünscht sich einen Episkop als Förderer von Talenten, jemanden, der sein Verhalten danach ausrichtet, was die Gemeinde aufbaut. Außerdem: „Es bricht keinem Bischof einen Zacken aus der Mitra, wenn er sagt: Es war falsch, was ich getan habe. Es war einfach blöd.“

Den Radiobeitrag hören und lesen

Die Reportage “Exzellenz mag es nobel” von Georg Magirius hat das Deutschlandradio Kultur am 22. Juni 2013 gesendet. Die Redaktion hat Philipp Gessler. Für den Ton verantwortlich ist Eric Kirchheim. Das Manuskript lässt sich lesen hier. Den Protestssong “De Bischof voh Limbursch” von Peter Bandur in voller Länge auf Youtube hören hier.