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Humane Pädagogik

August Hermann Francke - down to earth

Wer Ungehöriges tut, kann ermutigende Spuren hinterlassen. Dieser Gedanke drängt sich beim Lesen der Biographie von Weltveränderer Nr. 13 der Impulsheftreihe „down to earth“ auf. Der Pädagoge und Theologe Reiner Andreas Neuschäfer schildert das Leben des Theologen und Pädagogen August Hermann Francke (1663-1727). Francke hat die erste deutsche Bibelgesellschaft gegründet und auch die erste theologische Zeitschrift, die „Observationes biblicae“. Er hatte Kontakt zu europäischen Herrscherhäusern und die Einrichtung von Schulgärten geht auf ihn zurück. Außerdem gründete er eine Schulstadt vor den Toren Halles an der Saale, in der 2000 junge Menschen unterrichtet wurden. Er steht für eine humane Pädagogik.

Humane Pädagogik: Brauerei und Kunstmuseum

In der Schulstadt gab es neben Gebäuden für den Unterricht und Internaten auch eine Bäckerei, Druckerei, Buchhandlung, ein Kunstmuseum, eine Brauerei und ein eApotheke. Das alles gelang nicht zuletzt deshalb, weil Franke einen Weg ging, der nicht nur auf Beifall stieß, urteilt Neuschäfer. Er wollte gerade auch armen Kindern Unterricht ermöglichen, was teilweise auf heftige Ablehnung stieß. Seine Ideen begann er zu realisieren, obwohl er über kein festes Einkommen verfügte, die Finanzierung nicht gesichert war. Francke hatte auch die Kraft zur Selbstkritik.

Humane Pädagogik: Ein Mensch kümmert sich um sich

Er kümmerte sich also nicht allein um andere, sondern auch um sich. Nicht irgendwo auf der Welt oder im Universum suchte er die Quelle für seine Vorhaben, sondern in sich: „Den lebendigen Glauben, über den er zu anderen predigen sollte, besaß er selber gar nicht“, pointiert Neuschäfer Franckes Selbsterkenntnis während einer Krise aus dem Jahr 1687. Wegen solch eines Eingeständnisses konnte dieses Lebenswerk womöglich überhaupt erst entstehen. Die Folge nämlich war eine Expedition in ein Land, von dem manche sagen, dass es das Hoffen zum Sprudeln bringen kann: das Gebet, in das er sich lange Zeit vertiefte.

Mobbing und andere Ungereimtheiten

Neuschäfer bringt das drei Jahrhunderte zurückliegende Leben Franckes nahe, indem er es mit heutigen Gedanken wie Mobbing, Erfolgsrezept oder Netzwerk ineinander spricht. Die Reihe mit insgesamt 99 Weltveränderern hat laut Verlag nicht die Absicht, aus jedem Kind eine Sophie Scholl oder einen Gandhi zu machen. Allerdings will sie anregen, selbst zu handeln. Neuschäfers Blick auf Francke ermutigt dazu. Denn er verklärt dessen Leben nicht, sondern weist auch auf Ungereimtheiten hin. Aber gerade das macht – fast will man sogar sagen – die Poesie dieses Lebens aus.

Reiner Andreas Neuschäfer, August Hermann Francke. Einer, der Menschen prägte, 30 S., ISBN 978-3-86270-809-3, Impulsheft Nr. 76 (Weltveränderer Nr. 13), down to earth, Berlin 2014.