Biblisches

Jesus – der erste Umweltzerstörer?

Jesus - der erste Umweltzerstörer? So fragt Georg Magirius in dem Buch "Das Welt- und Geschichtsverstständnis aus christlicher Hoffnung

“Das Welt- und Geschichtsverständnis aus christlicher Hoffnung” – welch ein Titel! Um ihn erklären zu können, braucht man das Abitur. Mindestens. Und genau darum geht es: Um ein bei Klett veröffentlichtes Themenheft für das Zentralabitur. Fach: Katholische Religion. Autor: Der evangelische Theologe Reiner Andreas Neuschäfer. Er legt damit sein 20. Buch vor. Anders als der theoriefreudig wirkende Titel vermuten lasse, gehe es Neuschäfer darum, Kreativimpulse zu setzen, hat er gegenüber der Rheinischen Post vom 27. September 2014 gesagt. Und tatsächlich sind in dem Band nicht nur Textanalysen, sondern auch Cartoons, Fotos, viele überraschende Zugänge. “Die sinnliche Seite von Religion kommt nicht zu kurz”, sagt Horst Couson, der an dem Werk mitgearbeitet hat. Außerdem hat Georg Magirius den Beitrag veröffentlicht “Jesus – der erste Umweltzerstörer?”

Jesus – der erste Umweltzerstörer? Ein Indiz aus dem Markusevangelium

Der Beitrag von Georg Magirius beschäftigt sich mit der Frage, ob Jesus das Gegenteil eines Ökoaktivisten war. Schließlich sei er zuweilen energisch gegen Bäume vorgegangen. Ausgangspunkt der Überlegung ist eine rätselhaft wirkende Passage aus dem 11. Kapitel des Markusevangeliums: Am nächsten Tag, als sie von Betanien weggingen, hungerte ihn. Und er sah einen Feigenbaum von ferne, der Blätter hatte, da ging er hin, ob er etwas darauf fände. Und als er zu ihm kam, fand er nichts als Blätter; denn es war nicht die Zeit für Feigen. Da fing Jesus an und sprach zu ihm: Nun esse niemand mehr eine Frucht von dir in Ewigkeit! Und seine Jünger hörten das.

Jesus – der erste Umweltzerstörer? Der Beitrag von Georg Magirius

Franz von Assisi sprach mit Pflanzen und Tieren. Auch Jesus spricht mit einem Baum, allerdings nicht freundlich. Jesus, der Hunger hat, beschimpft ihn, weil er an ihm keine Feigen findet. Noch merkwürdiger: Es geschieht zu einer Jahreszeit, da Feigenbäume gewöhnlich keine Früchte bringen.

Jesus - der erste Umweltzerstörer? Schließlich ging er zuweilen energisch gegen Feigenbäume vor. Das Foto zeigt eine reife und eine unreife Feige.
Dieser Feigenbaum hat Jesu Wut überlebt. Foto: Heilspraxis Magirius

Was tut Jesus dann? Geht in den Tempel, stößt Tische um, wirft die Händler raus. Und weiter? Er beschimpft Theologen und Priester. Wo endet das? In der Therapie, würde man heute vermuten. Fraglich ist nur, ob die Jünger rasch einen Platz für ihn finden. Bevor eine Psychotherapie beginnen kann, muss man oft lange warten, selbst wenn Wutausbrüche wiederholt auftreten. Ob Jesus allerdings einer Therapie zustimmt?

Falls er sich weigert, wird er wohl in eine Klinik eingeliefert werden müssen, da er nicht nur sich, sondern auch andere, etwa Bäume, gefährdet. Ein Feigenbaum ist bereits verdorrt. „Adresse?“, wird der Wanderer bei der Aufnahme gefragt. „Meines Vaters Haus“, antwortet Jesus. Trefflich kann man über mögliche Krankheitsbilder Jesu spekulieren. Man kann aber auch der Begründung für sein Verhalten lauschen: „Habt Glauben an Gott“, sagt Jesus.

Aussicht in aussichtsloser Lage

Glaube – das bedeutet im Markusevangelium, aus dem die Feigenbaumpassage stammt, in aussichtsloser Lage an einer Aussicht festzuhalten. Unmögliches wird möglich. Selbst Berge könne der versetzen, der nicht zweifelt. Am Ende kann er gar die vermeintlich ewig währende Geschäftstüchtigkeit beenden – und im Gotteshaus wird Gottes Stimme hörbar. Auch Frucht bringen lässt sich wider alle Regel.

Solchen Glaube kann man verrückt nennen oder auf extremistische Weise hoffnungsvoll. Mit ihm ist es auch möglich, zu jeder Zeit frische Feigen zu ernten, damit Hungrige nicht hungrig bleiben. Dass dies Jesus selbst nicht immer gelang und er deshalb manchmal verzweifelte, kann durchaus sympathisch wirken.

Das Hoffnungsbuch von Reiner Andreas Neuschäfer

Der Text “Jesus – der erste Umweltzerstörer?” ist dem Band entnommen: Das Welt- und Geschichtsverständnis aus christlicher Hoffnung. Reiner Andreas Neuschäfer hat ihn unter Mitarbeit von Horst Couson und Monika Ragazzi im Ernst Klett-Verlag veröffenlticht. Er kostet 9 Euro 95.