Erdrutsch bei Vertrauenstour

Wer könnte diesen Weg verstehen? Ruckartig ändert er die Richtung, führt Berge steil hinauf. Wildschweine sind mit ihm vertrauter als Wanderer, zeigt der aufgewühlte Boden. Brennnesseln fühlen sich hier heimisch. Und kniehoch steht manchmal das Gras. Nein, es ist nicht verständlich: 25 Pilgerinnen und Wanderer unter Leitung des Theologen und Schriftstellers Georg Magirius wollen an einem Maitag des Jahres 2017 ausgerechnet auf diesem Weg von Heigenbrücken nach Heinrichsthal im Hochspessart kommen. Es ist der Grottenweg – sein Name klingt wie ein Programm. Und dann geschieht auch noch das: Erdrutsch bei Vertrauenstour.

Erdrutsch bei Vertrauenstour: Atemnot

Doch, doch, ergibt eine Blitzumfrage, sie seien tatsächlich freiwillig zu der Spirituellen Wanderung der Reihe GangART aus Würzburg und Frankfurt angereist. Auch aus Retzbach und Seligenstadt, aus Hainburg und Karlstadt kommen die Pilgerinnen. Sie sind aus Arnstein und Mainhausen gekommen, außerdem aus Gemünden und Aschaffenburg. Und aus dem Jossgrund und Lohr. Aber dann? Da kommt die Atemnot – unweit des Luftkurortes Heigenbrücken. Und? Ein Hang ist abgerutscht. Entwurzelte Bäume mitten auf dem Weg bedeuten: Stillstand. Ein neuer Weg muss sich erst finden. Und gleich wieder folgt ein Anstieg und mit ihm ein neuer Schweißausbruch, obwohl es eher kühl an diesem Maitag ist. Und dann der Refrain: Gestrüpp, immerzu Gestrüpp.

Matsch

Solch ein Gehen ist unvertraut. Niemand hat es zuvor trainieren können. Obwohl man doch erfahren ist, viele Wege schon gegangen. Aber eben nicht ihn, jetzt an diesem Tag im Monat Mai, der Bäume, Gras und Büsche so sehr animiert, dass der Orientierungssinn zuzuwuchern droht. Und wider sinken die Füße ein in Matsch. Auf erschütternde Weise wühlt der Weg die Tagespilger auf. Er begeistert und erschöpft. Nein, das alles ist nicht zu verstehen. Es euphorisiert, macht wütend, schweigsam. Dann wieder fließen Worte ungehemmt wie selten – und all das unkontrollierbar durcheinander.

Frühlingsgrün

Die Gewöhnlichkeit sieht anders aus, gibt es sie denn überhaupt? Natürlich hätte es auch anders gehen können, besinnungsnett und um einiges gemütlicher, denken manche. Aber das Leben lacht den Konjunktiv aus. Nein, es ist nicht zu verstehen, wie kaum aushaltbar realistisch das ist. Und kraftvoll. Denn niemand wird erklären können, warum dieser Weg so freundlich und gnädig ist: frühlingsgrün vom ersten bis zum letzten Schritt.

Die Reihe GangART

Georg Magirius hat 2009 GangART ins Leben gerufen. Das ist eine fortlaufende Reihe Spiritueller Tageswanderungen durch Spessart, Odenwald, Haßberge, Rhön, Steigerwald, Fränkisches Weinland, Taunus und Schwarzwald. Informationen zum Grottenweg finden sich in seinem Buch “Frankenliebe. 33 Orte zum Staunen und Genießen”. Hinweise zu aktuellen Touren sind hier.

Weitere Fotos der Tour “Verborgene Kräfte”