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Ohne Kartoffelsalat in Bethlehem
Ohne Kartoffelsalat mit Würstchen, aber auch ohne vegane Tubenkost. So stellt sich Redakteur Johannes Becher Weihnachten 2030 vor im “Extra Weihnachten 2017”. Es handelt sich um ein Sonderheft der Zeitungen Bonifatiusbote, Glaube und Leben und Der Sonntag. Das Extra Weihnachten reißt das Fest aus vertrauten Zusammenhängen und lässt dadurch überraschend den Sinn von Weihnachten nach vorne treten.
Der Sessel – ideales Möbel für Gottessucher
Georg Magirius nimmt in dem Heft die Botschaft beim Wort, dass Gott im Alltag geboren wird. Er entdeckt Weihnachten in der Nähe. Und damit im gar nicht mehr so gewöhnlichen Alltag. Der lässt eine sonderbare Freude ahnen. Denn ein Sessel wird zur idealen Ausgangsbasis, um Gottes Kommen zu erfahren. Der Ausknopf des Computers wiederum wird nun zu einem Anfang. Das Einpacken von Geschenken führt auf die Spur von Verpackungskünstler Christo und ein einziges Streichholz zur Erleuchtung.
Beglückendes Schwitzen in der Christmette am Amazonas
Wie die an Weihnachten gefeierte Nähe Gottes in Brasilien gefeiert wird, erzählt Erwin Kräutler, Bischof in Amazonien. Am Ende der Christmette wischt er sich den Schweiß von der Stirn, das sei allerdings eine Randnotiz. Wichtig stattdessen: “Bei jeder Eucharistiefeier in Brasilien oder bei den von Laien mit viel Sorgfalt vorbereiteten und geleiteten Wortgottesdiensten ist die Weihnachtsbotschaft das ganze Jahr hindurch aus dem Munde des Volkes zu hören. Auf das einleitende ‘Der Herr sei mit euch!’ antwortet die versammelte Gemeinde nicht mit dem seltsamen ‘Und mit deinem Geiste’, sondern ruft beglückt: ‘Er ist in unserer Mitte!’.
Tattoos aus Bethlehem
Walid Ayash in Bethlehem ist mit Jesus hautnah verbunden. Und das ist wörtlich zu verstehen. Denn er erzählt die Geschichte Jesu mit Bildern auf seinem Körper. Es sind Tattoos. Walid Ayash ist der einzige lizensierte Tätowierer in der 30 000-Einwohner-Stadt im Westjordanland. Und er sticht seine Bilder christlichen Pilgern vermehrt an Weihnachten als Souvenir. Favorit unter den Motiven ist dann allerdings weder Krippe, Jesuskind noch Windel, sondern das Kreuz. Das berichtet Susanne Knaul.
Trunkene Gläubige
Wie es zur Christversper gekommen ist, erklärt Guido Fuchs, Leiter des Instituts für Liturgie- und Alltagskultur in Hildesheim. Ursprünglich hat man den Weihnachtsgottesdienst am Morgen oder – ab dem 6. Jahrhundert – in der Heiligen Nacht gefeiert. “Allerdings verursachte er manche Probleme wegen der Dunkelheit, der langen nächtlichen Wege, der leeren Häuser und der Feuergefahr – vor allem aber wegen der Gottesdienstbesucher selbst, die oft sehr ausgelassen waren oder angeheitert zur Kirche kamen.”
Der wandernde Weihnachtsgottesdienst
Deswegen habe man in der evangelischen Kirche begonnen, diesen nächtlichen Gottesdienst zu verlegen. Und zwar nach vorn auf den frühen Morgen. So ist das heute noch in Dresden mit dem dortigen Kreuzchor zu erleben. Oder man verlegte ihn nach hinten auf den Abend des 24. Dezember. In der katholischen Kirche habe der 24. Dezember jedoch lange als Buß-und Fasttag gegolten. Deshalb wurde der erste Gottesdienst erst ab 24 Uhr als Christmette gefeiert. Seit knapp 50 Jahren gibt es auch in der Katholischen Kirche die Möglichkeit, am 24. Dezember Weihnachtsgottesdienste zu feiern.
Der farblose Jesus
Das macht deutlich: Mögen viele auch gerade an Weihnachten auf Traditionen und feste Abläufe pochen, so wandeln sich die Riten stetig. Wie wohl im Jahr 2030 gefeiert wird? Dann gibt es wegen des Klimawandels “ein Barbecue unter freiem Himmel statt Spießbraten und Kartoffelsalat im geheizten Wohnzimmer”. So überlegt Heike Kaiser. Sarah Seifen feiert Weihnachten in einer Hütte auf 2000 Meter Höhe, um einige Flocken Schnee zu erwischen. Dorthin geht es dann im Auto, das sich selber steuert. Der Kofferraum wird nicht nur mit Koffern, sondern auch mit in Zeitungspapier eingewickelten Krippenfiguren und einer Kiste Wein bestückt. Und zwar rückenschonend dank Greifarm. Bei aller automatisierten Pracht: Ausgerechnet die farblose Jesusfigur, ein Erbstück, bleibt in Sarah Seifens Gedankenreise in die Zukunft das Zentrum von Weihnachten. “Die Holzfigur war lackiert, nur wenige Stellen sind nicht abgeblättert. Jahr um Jahr wurde das kleine Kind so farbloser, nur der goldene Heiligenschein blitzt noch hervor.”
Laserpoints und alte Bücher
Barbara Faustmanns Weihnachtsbaum wird 2030 künstlich sein. Außerdem richtet Roboter Adalbert die Zimmer her. Doch sie hält lieber an Altem fest: “Weihnachten ist mittlerweile eine Riesenparty. Ungezählte grelle Lichter, Laserpoints und virtuelle Bilder flammen auf die Menschen hernieder. Mir ist das egal und sowieso viel zu viel. Altbewährt stelle ich fast trotzig meine Kerze ins Fenster und sonst nichts.” Auch in der Erzählung von Ruth Lehnen geht es um etwas vergangen Geglaubtes. Aber das ist nicht vergangen, weil es eine weihnachtliche Ahnung aufkommen lässt. Sie widerfährt Claude, der sein Leben rasant absolviert: “Fast schon schlafend denkt er an etwas, das man früher kannte, Bücher. Das waren schwere Gegenstände aus Papier mit unglaublich wenigen Informationen pro Seite. In einem von ihnen hat er einmal etwas gelesen von so einem Stern.”
Rudel-Singen dank Hostien-Drohne
Anja Weiffen hat in ihrem Beitrag recherchiert: Dank der Stiftung “Rettet die Hochfeste” feiern die Christen viele Gottesdienste 2030 in großen Zelten. Aus vielen Dorfkirchen wurde eine Café-Kette. So fahren Gottesdienstbesucher zunächst immer weitere Strecken zum Weihnachtsgottesdienst. Jetzt findet man diesen am Ortsrand. Wie früher den Zirkus! Das Zelt leuchtet wie ein Raumschiff. Fackeln weisen den Weg. Eine Rentnerband spielt. “Plötzlich Tumult: ‘Die Hostien-Drohne landet!’ Draußen blinken Lichter im Dunkeln und senken sich auf ein abgesperrtes Terrain. Die Ortsvorsteherin und Kommunion-Beauftragte nähert sich dem Gefährt und entnimmt ihm ein Paket.” Und dann? Jauchzende Menschen. Rudel-Singen. Denn vom Himmel ist das heilige Brot hinabgesesegelt. Zu fröhlich und unkonventionell, um wahr zu sein? “Nein, Weihnachten stört”, schreibt Maria Weissenberger. “Lief schon in Betlehem nicht störungsfrei.”
Informationen zum Buch “Einfach freuen”
Die Betrachtungen von Georg Magirius aus dem Extra Weihnachten sind dem Buch entnommen: Einfach freuen. 24 Momente gegen die Rastlosigkeit. Georg Magirius hat es im Echter Verlag veröffentlicht. Es hat 103 Seiten und zahlreiche Bilder. Das Lektorat hat Thomas Häußner. Christine Eisner aus Würzburg hat das Buch gestaltet. Das Buch kostet 12, 90 Euro. Seine ISBN-Nr. lautet 978-3-429-04388-9. Informationen und Pressestimmen zum Buch sind hier.