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Meisterin des Biographischen
Kann man sich das heute in Zeiten massenhafter Selbstdarstellung dank sozialer Netzwerken noch vorstellen? Jemand will sein Leben nicht ausbreiten, obwohl er von einem renommierten Verlag sogar dazu gedrängt wurde – mit Aussicht auf großen Erfolg? Gabriele Wohmanns Skepsis gegenüber einer direkten Darstellung ihres Lebens durch sich oder andere führte zum Ende der erfolgreichen Zusammenarbeit mit dem Piper Verlag. Der Verlag hoffte auf eine Autobiographie von ihr. Sie selbst glaubte weiterhin daran, dass ihr fiktionales Erzählen ein schärferes Licht auf die Realität werfen könne. Es war ihr Beruf. Dass es doch noch zu einer Biographie kam, liegt an einer “Meister des Biographischen”: Ilka Scheidgen.
Die Meisterin des Biographischen
Ilka Scheidgen gelang es, viele Gespräche mit der “Königin der Kurzgeschichte” (Tilman Krause) zu führen. Eine Vielzahl an Veröffentlichungen über Schriftsteller und Dichterinnen machen ihren Ruf als Könnerin des Biographischen deutlich. Beispielhaft ist ihr mehrfach aufgelegtes Buch “Dichterin des Dennoch” über die Lyrikerin Hilde Domin. Ein weiterer Grund für Wohmanns Einverständnis, sich für eine Biographie befragen zu lassen: Scheidgen ist nicht allein Biographin, sondern als Schriftstellerin auch selbst mit dem fiktionalen Schreiben vertraut. So handelt es sich bei ihrem Buch über Wohmann auch nicht um das von vielen über viele Jahre erhoffte Enthüllungswerk.
Auslegung des Lebens
Es ist weniger und mehr: Scheidgen schreibt das Leben Wohmanns mit deren Schreiben gleichsam ineinander. Denn die Beschreibung ihrer Werke wird zur Auslegung des Lebens. Und umgekehrt. Zum 80. Geburtstag 2012 erschien “Gabriele Wohmann. Ich muss neugierig bleiben”. Es ist die erste und einzige Biographie über die 2015 verstorbene Autorin. Unterdessen ist sie vergriffen, allenfalls noch antiquarisch erhältlich. Jetzt aber unter dem Titel “Gabriele Wohmann. Meisterin der Kurzgeschichte” neu aufgelegt und wieder erhältlich.