Biblisches

Wächst in den Kirchen der Antisemitismus?

Wächst in den Kirchen der Antisemitismus? Der Mainzer Alttestamentler Thomas Hieke jedenfalls erlebt unter  Christen viele Vorurteile gegenüber der jüdischen Bibel. Dabei sei ohne sie das Neue Testament völlig unverständlich.

Wächst in den Kirchen der Antisemitismus? Das zu bejahen, wäre plakativ. Aber viele Christen wehren fast schon traditionell ihre eigene Basis ab, nämlich die jüdische Bibel. Schon das Neue Testament hat einen jüdischen Urgrund allein schon deshalb, weil Jesus Jude war. Und ist außerdem nur verständlich zusammen mit dem Alten Testament. Das sagt Professor Dr. Thomas Hieke von der Mainzer Johannes Gutenberg Universität im Norddeutschen Rundfunk im “Forum am Sonntag”. “Man kann das mit dem schönen Begriff bezeichnen: Die zweieine Bibel. So ähnlich wie wir an einen dreieinen Gott glauben, haben wir als Christen die zweieine Bibel, die sich nicht auseinanderreißen lässt.”

Die zweieine Bibel

Doch die Einheit der beiden Testamente gilt in Zeiten eines wachsenden Antisemitismus auch unter Christen nicht gerade als Attraktion. Hieke allerdings, dessen Arbeitsgebiet an der Katholisch-theologischen Fakultät der Mainzer Universität das Alte Testament ist, gibt ein Beispiel für die Zusammengehörigkeit beider Testamente: “Man muss das Neue Testament nur einmal vorne aufschlagen und lesen, und zwar den allerersten Satz. Da steht: ‘Buch der Geschichte Jesu Christi des Sohnes David, des Sohnes Abrahams.’ Ja, wer um alles in der Welt sind denn David und Abraham? Wenn ich nicht weiß, wer diese Leute sind und auch diese Texte nicht kenne, auf die immer wieder das Neue Testament anspielt, kann ich letztlich mit dem Neuen Testament literarisch nichts anfangen. Ich brauche also diesen größeren Resonanzraum oder Wahrheitsraum, der dann auch fürs Neue Testament ganz wichtig ist.”

Das erste Buch der Christen. Wie das Alte Testament uns heute prägt, Sendung von Georg Magirius, gesendet im Norddeutscher Rundfunk 2018 unter der Redaktion von Jan Ehlert, aber auch im Bayerischen Rundfunk unter der Redaktion von Wolfgang Küpper und im Hessischen Rundfunk unter der Redaktion von Dr. Lothar Bauerochse. Das Manuskript ist hier.