Franken, Stille
Gehen im Advent
Die Stille kann helfen, sich neu zu sortieren. Gerade jene Stille, die beim Gehen im Advent entsteht, kurz vor Weihnachten. Das schreibt Sabine Schömig in ihrer Reportage im Main Echo vom 4. Dezember 2021. Für ihren Weg in die Stille wählt die Redakteurin, Schriftstellerin und Motorjournalistin einen realen Weg. Nämlich den Grottenweg im Hochspessart von Wiesthal nach Heigenbrücken, wie er in Georg Magirius‘ Buch „Stilles Franken“ beschrieben ist. Sie geht den Weg allerdings nicht nur mit Hilfe des Buchs, sondern mit dem Autor: „Dabei möchte ich möglichst viel über die Stille erfahren”, schreibt sie. “Was sie mit uns Menschen macht und was sie mit dem Advent zu tun hat. Der Grottenweg scheint dafür wie geschaffen, denn er führt durch abgelegene Orte und von ihnen weg mitten durch den herbstlichen Wald, ändert dabei an jeder seiner vielen Windungen und Steigungen sein Gesicht.“
Gehen im eigenen Tempo
Um absolute Stille geht es dabei nicht, schreibt Schömig. Also um kein möglichst störungsfreies Lauschen nach Innen, wie es in Sitzmeditationen praktiziert wird. „Das Gehen ist es, das den Wanderer Magirius fasziniert. Gehen im eigenen Tempo. ‚Jeder Mensch hat sein eigenes Tempo, auf das er achten sollte‘, sagt er. So wie jeder Mensch eine ihm eigene Klangfarbe in der Stimme hat, mit der er durchs Leben geht“. Manche fänden das sogar im lauten Fußballstadion, wo sie sich ganz zu Hause fühlten, bei sich angekommen. Andere in der Natur, beim Gehen, das zum Sinnbild des Lebens werden könne.
„Schritt für Schritt, der mal bergan, mal bergab dem windungs- und steigungsreichen Grottenweg folgt. Im Tal liegt dicker Nebel. Noch vor zehn Uhr morgens fällt er nach und nach an diesem Morgen, senkt sich tropfend in die Wiesen oberhalb von Wiesthal und lässt sich auf den dichtgrünen Moosen zwischen den Baumstämmen auf dem Weg zur Basshöhe und winterbraunen Farnen im Grund des Bächlesbachs nieder. (Sabine Schömig)
Die Stille aushalten
Im Grund des Bächlesbach, genau dort, wo er entspringt, befindet sich die Große Mariengrotte von Heigenbrücken. Auf Anregung von drei Waldarbeitern ist sie vor mehr als 60 Jahren entstanden. Sie ist eine der insgesamt sieben Mariengrotten, die der Weg auf seinen insgesamt 26 Kilometer verbindet. Die Mariengrotten sind oft aus Dankbarkeit entstanden. Und damit ein sichtbares Zeichen dafür, dass im Leben nicht alles glatt geht. Allerdings: „So vieles in unserer Zeit wollten die Menschen nicht aushalten, sondern möglichst rasch loswerden.” Egal, ob das ein körperliches Unwohlsein ist oder auch die Stille, wie sie sich etwa in der Corona-Pandemie zeigt. Für mache kaum zu ertragen, hat Magirius beobachtet. “Mit dem Gehen im eigenen Tempo gelingt es, schrittweise in eine Stille zu kommen, wo man sich wieder sortieren kann, wo man ‘bei sich ankommt’.”
Ankommen
Und genau das will das Wort Advent sagen. Im christlichen Sinn die Ankunft Gottes bei den Menschen, des Himmlischen im Irdischen. Oder im eher profanen Sinn: Ein Aufbruch- oder Ausbruch aus dem Alltag, bei dem sich alte Ideen festigen oder neue zeigen. Und jeder bewusste Schritt eine neue kleine Entdeckung bringen kann.
Jeder Schritt eine Entdeckung
„Und sei es nur, das Schreien eines Eichelhähers über den Bäumen im sonst winterstillen Wald zu hören. Oder das fröhliche Plappern von Schulkindern, die gerade nach Hause laufen, an unserem Endpunkt Heigenbrücken. Wenn Advent auch eine Ursehnsucht des Menschen ausdrückt, dann erfüllt sie sich sicher über solche oder ganz andere Ausbrüche und Aufbrüche aus dem Alltag.“ (Sabine Schömig)
Gehen im Advent: “Stilles Franken. 24 Adventsorte”
Georg Magirius hat das Buch „Stilles Franken – 24 Adventsorte“ im Würzburger Echter Verlag veröffentlicht. Es hat 111 Seiten und 97 farbige, vielfach großformatige Abbildungen und kostet 12 Euro. Melanie Zeuß und Thomas Häußner haben das Buch übrigens lektoriert. Die ISBN-Nummer lautet 978-3-429-05670-4. Weitere Informationen, Leseprobe und Bestellmöglichkeit sind hier. Die Fotos stammen von (c) Sabine Schömig (2) und von (c) Georg Magirius (3).