Neues Leben, Spirituelle Wanderungen
Ohne Matsch kein Leben
Alles soll neu werden! Das ist wohl einer der stärksten Wünsche des Menschen. Das Leben soll nicht im Grau verharren, sondern grünen. So ziehen im April des Jahres 2023 exakt 13 spirituelle Wanderinnen und Pilger der Reihe GangART los. Und nicht einer wird zurückgelassen, keine vom Weg gestoßen oder ausgeladen, damit sich die Gruppe zahlengerade formatiert. Und liegt es daran? Die 13 finden ins Glück. Denn sie wagen neue Schritte, so lautet das Motto der Tour. Unter Leitung des Theologen und Schriftstellers Georg Magirius und des Pfarrers Joachim Preiser geht es auf Pfaden nach Königstein. Allerdings raunen die Gehsteige in Hornau den Aufbrechenden zu: „Mach‘s dir bequem und bleib den Pflasterwegen treu.“ Aber nein! Jetzt liegen die Straßen bereits zurück, die alles Erdige überdecken. Die Wanderung auf der Schwelle zum Mai hingegen zeigt: Ohne Staub kein Leben. Ohne Dreck kein Aufbruch. Ohne Matsch kein Grün.
Und jetzt? Umkehren?
Nach vielen Regentagen sind auf dem Weg immer wieder Pfützen und Schlamm. Und kurz vor dem Ziel, die Burg ist schon zu sehen, weist der Wiesenpfad mitten in den Matsch. Gewünscht hat sich das Schlamassel niemand. Aber da es vor den Füßen liegt, wählen die Erneuerungsfreudigen eine andere Möglichkeit als das oft angeratene Austrocknen, Zupflastern, Überbrücken oder Überfliegen. Sonderbar wirkt der Wiesensumpf, nicht gerade anheimelnd, sondern undurchschaubar, fast gefährlich. Es ist nicht klar, wie tief die Wasserwiese ist und ob die Füße überhaupt auf Boden stoßen. Aber umkehren und im Leben rückwärts gehen? So kurz vor dem Cafe? Also los: Und kein Wind kommt auf, das Matschmeer tritt nicht zur Seite, keine Gasse bildet sich. Und doch: es geht. Noch nicht einmal ein Schuh muss im Sumpf zurückgelassen werden. Nur ganz sauber bleibt der Mensch bei solchen Gängen nicht. Oder lässt sich das vielleicht einmal auch anders formulieren? Nämlich so: Der Wanderer atmet auf und so tief durch wie vielleicht schon lange nicht mehr. Denn der Matschgang lehrt: Auch Erfahrungen, die nicht restlos staubkornfrei sind, gehören zum Leben, ich muss sie nicht leugnen.
Der Frühling hat anderes vor
Wie das klingt! Anders als ein Schuh auf Teer. Dieses Geräusch hätte der Nachbarweg ermöglicht, der allerdings jedes auch noch so aufgeweckte Grün unhöflich zur Seite bittet. Aber der Wiesenpfad schmeichelt den Füßen und quatscht und tratscht. Neu klingt es – im Vergleich zum angeblich idealen Vorwärtskommen, das immer ohne nasse Füße bleiben will. Ist das bereits Musik? Es klingt nicht brav, sondern ausgelassen, urig, wild. Womit wie von selbst ein untergründiges Tourmotto an die Oberfläche drängt: Auffallend ist es nämlich schon, dass sich ein sonst nur aus Gärten oder Parks bekannter Magnolienbaum ausgerechnet im Braubachtal zeigt. Offenbar kennen auch Pflanzen die Sehnsucht, an ungewohnten Orten aufzublühen. Einem Menschen kann das widerfahren, wenn er den Mut hat, sich gelegentlich zurückzuziehen, zum Beispiel in Höhlen. Oder durch Wasser geht und sich zum Matsch bekennt, ohne den es nicht grünen würde – oder nur ganz fein und züchtig. Aber wer will denn schon das Ergebnis einer auch noch so optimalen Züchtung sein? Der Frühling hat anderes vor.
Die nächste Tour der Reihe GangART
Die nächste Tour unter dem Motto “Die Gnade der Abkürzung” führt am 13. Mai 2023 auf den Plattenberg nach Kleinwallstadt. Die Gruppe bildet sich neu. Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung sind hier. GangART ist eine Reihe spiritueller Tagestouren durch Taunus, Odenwald, Spessart, Fränkisches Weinland, Haßberge, Steigerwald und Schwarzwald. Die Tour “Neue Schritte wagen” wurde veranstaltet mit den Evangelischen Kirchengemeinden Frankfurt-Griesheim und Nied. GangART findet Echo zum Beispiel in Deutschlandfunk, HR oder jüngst im Bayerischen Rundfunk.