Biblisches, Stille
Pausieren ist politisch geboten
Das Innehalten ist eine Lebenskunst. Und: Pausieren ist politisch geboten. Das sagt Egbert Ballhorn, Professor für Exegese und Theologie des Alten Testament der Technischen Universität Dortmund im Bayerischen Rundfunk. Und zwar in der Sendung „Die Unterbrechung ist die Vollendung“ von Georg Magirius am 6. August 2023 auf BR2, jetzt hier hören. Das Feature widmet sich der spirituellen Kraft des Sommers. Für sie könne die Bibel als Inspirationsquelle dienen, sagt Ballhorn. Sie beschränke sich nicht aufs Paradies, sondern sei ein Buch des Lebens, das immer auch gefährdet sei. Gerade dadurch tauge es als Urlaubsbuch. Denn in ihr komme eine starke Sehnsucht nach Ruhe zur Sprache. Wer also eingangs der Ferien noch keine vollkommene Erholung verspüren sollte, ist biblisch betrachtet kein Sorgenkind. So verharmlosen die Psalmen an keiner Stelle Feindschaft und Bedrohung. Und doch folgen sie dem Weg zu idyllischen Momenten.
Wasser der Ruhe
Er lässt mich lagern auf grünen Auen. Und führt mich zum Ruheplatz am Wasser.“ Das Bild mag ich ganz gerne und ganz streng genommen ist es gar nicht der Ruheplatz am Wasser, sondern wörtlich gesehen die „Wasser der Ruhe“, wo man hingeführt wird. Also nicht „das Wasser ist still“ oder „man lagert am stillen Wasser“. Sondern man kommt selber an diesem Wasser ein Stück zur Ruhe. Es sind also Wasser, die auch Ruhe geben.
Egebert Ballhorn, Professor für Exegese und Theologie des Alten Testaments an der TU Dortmund
Der Weg zur Ruhe: ein Kampf
Der Weg in solch eine Ruhe allerdings sei manchmal ein Kampf. „Das kann Tage, Wochen, ja vielleicht Jahre dauern“, sagt Theologe Ballhorn. Regelrecht rasant – nämlich spätestens nach sechs Tagen – begegnet man der Ruhe, wenn man dem Anfang der Bibel folge. Am siebten Tag ruhte Gott, heißt es dort. Das habe nichts mit Müdesein zu tun.
Das ist vom Hebräischen überhaupt nicht angedacht! Sondern das hebräische Wort für Ruhen heißt: Schabbat. Also das jüdische Wort Sabbat. Und das würde ich überhaupt nicht mit Ruhen übersetzen, sondern mit Pausieren. Mit Unterbrechen. Und meine Übersetzung ist eben: Am siebten Tag hielt Gott inne.
Egbert Ballhorn
Pausieren als politisches Gebot
Das Innehalten Gottes sei eine Musterunterbrechung, die gleich am Anfang der Bibel schon auf die Zehn Gebote ziele – mit deren Aufforderung, sich aus der ganzen Maloche regelmäßig herausreißen zu lassen. Das Gebot ist eine Erlaubnis, es Gott nachzumachen. Also einmal nichts zu machen. Und eine Ermunterung, den Urlaub zu genießen. Außerdem ist es das Eingeständnis, nicht alles machen und lösen zu können, sagt Ballhorn. „Das Innehalten ermöglicht, Fragen zu stellen statt einfach nur Aktivitätsmuster fortzuführen. Das halte ich für eine Lebenskunst, aber auch für politisch geboten.“ – Fotos (c) – Georg Magirius