Biblisches, Neues Leben, Religion und Poesie
Freiheit für die Hemd-Insassen
Schicke Wohnung, Familie, Kinder, und zur Arbeit stets ein frisch gestärktes und perfekt gebügeltes Hemd: Das seien Merkmale eines sogenannten gelingenden Lebens, heißt es zuweilen. Dazu speisen Sätze den Tagestalk, die aus einem nur ja nicht zu großen Pool allseits bekannter Worte gefischt werden. Gesprochen werden sie, als ob man sie an einer Hundeleine spazieren führte, um sie bei der geringsten Gefahr sofort zurückziehen. Auf diese Weise hat jemand sein Leben im Griff, heißt es. Aber was, wenn einer Gegenlicht und Schweißausbrüche erfährt, zu zittern beginnt und sich das Hemd vom Körper reißt, weil sich feurige Kräfte in ihm regen? Ist das dann womöglich die Freiheit für die Hemd-Insassen?
Der Anfang ist ein Tanz
Und was, wenn der von Feuerkräften Mitgerissene in einen Tanz gerät, der mit dem hemmungslosen Betrampeln des Hemds am Boden beginnt? Und Bewegungen vollführt, die in keiner Tanzschule erlernbar sind? Die also so ziemlich das Gegenteil von dem darstellen, was ein Paar im Tanzschulerinnerungskurs aufs Parkett legt, wenn es etwas zusammen zu unternehmen hat, weil die Kinder nicht mehr zu Hause leben? Was ist dann also, wenn einer aus den standardisierten Tagesbewegungen ausbricht? Dann hat er sein Leben nicht mehr im Griff, heißt es.
Ende der Erstarrung
Allerdings greift dann das Leben nach dem einstmaligen Hemd-Insassen, der es nicht mehr im Griff zu halten versucht. Womöglich ein ungelungen Leben, nimmt man als Kriterium, dass das Hemd nicht mehr gestärkt, sondern schwach am Boden liegt. Dafür hat die Erstarrung ein Ende, weil das Leben dem Griff der Hände entkommen ist. Angefeuert von einer Lust, die gewaltig ist, weil sie niemand erzeugen, geschweige denn ins fein umzäunte Grundstück mit Namen Lebensplanung transplantieren könnte. Darum geht es in der Erzählung „Wilde Rückkehr“. Georg Magirius hat sie unter der Redaktion von Dr. Jerzy Staus im Würzburger Sonntagsblatt vom 24. September 2023 veröffentlicht. Die Erzählung ist aus Psalm 18 entwickelt, in dem es heißt: “Er führte mich hinaus, er riss mich heraus, denn er hatte Lust zu mir.” – Das Foto stammt von Pixabay.