Frankfurt
Weise Worte aus der Abstellhalle
Ein Gespür für Form, Kreativität und sogar Frieden – das muss aus keiner durchgestylten Ideenschmiede kommen. Es kann auch von einem ehemaligen Straßenbahn-Depot angeregt sein. Das schreibt Nicolas Guschlbauer von der Frankfurter European School of Design im Blog „BOCKENHEIM BOCKT“. Der Blog stellt den Frankfurter Stadtteil vor: Bühnen, Museen, Theater, Bibliotheken, Kneipen, Geschäfte. Außerdem Leute, die Bockenheim inspiriert hat, zum Beispiel Leonore Poth, Héctor Alvarez del Valle, Alex Schur und Georg Magirius. Magirius’ Weg sei durch weise Worte aus der Abstellhalle beeinflusst.
Improvisierte Location
Gemeint ist das Bockenheimer Depot, wo einst Staßenbahnen ruhten. Wegen des Frankfurter Theaterbrands 1987 war es Hauptspielort des Schauspiels. Dort, schreibt Guschlbauer, sah Magirius während seines Zivildienstes “mit eigenen Augen, wie sich das Depot langsam von einer improvisierten Location zu einer Bühne, zu einer Instanz, entwickelte und war inspiriert von der Atmosphäre. Eindrücke, die ihn später mehr in die Richtung Theater, Lyrik und Literatur tragen werden, abgesehen von seinem immer da gewesenen Interesse zu lesen.“
Kultivierte Lässigkeit
Das Studium der evangelischen Theologie habe ihn dann nach Marburg, Münster, Heidelberg geführt. Dort setzte er sich mit Lebensfragen noch einmal anders auseinander als im Depot, wo die von Schleef in Bewegung gesetzten eigenwillig rhythmisierenden und elegant stotternden Sprechtheaterchöre eine fast ekstatische und doch tief nach innen weisende Erfahrung auslösten. Ein Gefühl von Aufbrechen und Ankommen in einem. Magirius kehrte zurück nach Bockenheim und zu dessen “kultivierter Lässigkeit”. Dort habe er seine Frau kennengelernt und entschieden in der Stadt zu bleiben.
Das Eigene gelten lassen
Er rief die Heilspraxis ins Leben, arbeitet für den Funk, gestaltet Klanglesungen, schreibt für Zeitungen, 30 Bücher sind entstanden. Eins stellt die stilleren und friedlicheren Seiten Frankfurts vor. Frieden für sich finden, wenigstens zeitweise: Das sei auch der Grund, weshalb der “belesene Mann” seinen Weg gegangen ist, schreibt Guschlbauer. Und schließt das Porträt mit dem, was Magirius jungen Kreativen rät: „Neben den vielen anderen Stimmen, die sowieso ständig um einen schwirren, der eigenen Stimme nachhören, ihr Glauben schenken, sich von ihr mitnehmen lassen, ihr Freiraum lassen.“ Das vollständige Porträt mit weiteren Fotos ist hier.