Religion und Poesie
Stimme finden
Wie kann ich Stimme finden? Und anderen Stimme geben? Durchs Singen. Das sagt der Poet und Pfarrer Friedrich Karl Barth im Bayerischen Rundfunk. Und zwar in der Sendung “Der Klügere singt” von Georg Magirius. Das Feature ist in der ARD-Audiothek hörbar. Anlass ist das 500-jährige Jubiläum des ersten Gesangbuchs in deutscher Sprache. Von Barth stammen Texte vieler Lieder in den aktuellen Gesangbüchern der beiden großen Kirchen. Singen ist für den Liedtexter keine hübsche Verzierung einer absoluten Glaubenswahrheit, sondern grundlegender Ausdruck des Hoffens.
Sing mit den Traurigen
“Brich mit den Hungrigen dein Brot”, eines seiner bekanntesten Lieder, ist ein Beispiel dafür, wie Menschen Stimme finden. “Sing mit den Traurigen ein Lied, sprich mit den Sprachlosen ein Wort, teil mit den Einsamen dein Haus, brich mit den Hungrigen dein Brot, such mit den Fertigen ein Ziel.” Das Lied umfasst gerade einmal fünf kurze Sätze. Aber immer nur vier finden sich in jeder Strophe – in stets neuen Kombinationen. Etwas fehlt. Das Ziel gilt es immer neu zu suchen. Ein Dach. Ein Wort, ein Lied, das sättigt und Flügel verleiht im Augenblick.
Einfach, aber nicht blöd
Ich bin sehr für trivial, trivial kommt von tres viae, also vielfach begehbar, vielfach gesungen. Es muss einfach sein. Aber es muss nicht blöde sein, einen verblöden oder entselbständigen, das darf nicht sein. Wir sind in der Kirche in einer Krise. Und die Krise ruht auch daher, dass nicht gesungen wird. Da, wo der Gesang gepflegt wird, auch der große, der gregorianische Gesang, auch die großen Scholas, wo geschulte Menschen mehrstimmige Sätze singen, wenn das gekonnt wird, dann nimmt das viele mit.
Friedrich Karl Barth im Bayerischen Rundfunk
Konkret und tänzerisch
Das Singen könne einen vor lauter Begeisterung aufrichten, aber auch dazu ermutigen, mit anderen und für andere den Rücken krumm zu machen. Was in Predigten oder theologischen Abhandlungen mitunter abstrakt wirkt, klingt in dem Lied “Kennt ihr die Legende von Christophorus?” konkret und tänzerisch. Der 86-jährige Poet singt das von ihm getextete und von Peter Janssens vertonte Lied exklusiv für den Blog der Heilspraxis:
Die Sendung im BR
Entstanden ist die Aufnahme während der Recherche für die BR-Sendung “Der Klügere singt – Von einer unverlierbaren Gabe des Menschen”. Die Sendung ist jetzt kostenfrei hier in der ARD-Audiothek hörbar. Neben Barth ist der Hymnologe Ansgar Franz vom Mainzer Gesangbucharchiv zu hören. Außerdem singt der Kinderchor der Evangelischen Kirchengemeinden Nied und Griesheim unter Leitung des Kantors Lukas Ruckelshausen. Die Kinder erklären auch, was Singen überhaupt ist, wie es sich anfühlt und was es bewirkt. In der Sendung außerdem: Psalmenforscher Egbert Ballhorn und Kantor Simon Daubhäußer, die in der Dortmunder Propsteikirche Gottesdienste gestalten, in denen Psalmen gesungen werden. Die Redaktion der Sendung hat Sabine Winter. Es spricht Ruth Geiersberger, Regie führt Sabine Kienhöfer, das Produktionsmanagement liegt bei Gena Blich und Ingrid Schillinger.