Biblisches, Religion und Poesie

Feiern bis zum Aufstehen

Die Relativierung der Erdenschwere- Foto von Gabriele Koll

Ein Sommerabend im August 2024. Eine neuartige Mixtur zur Relativierung der Erdenschwere stellt Pfarrerin Andrea Schwarze in der Christuskirche in Dietzenbach vor. Die Ingridienzen: Worte des Theologen und Schriftstellers Georg Magirius aus dem im Coppenrath Verlag veröffentlichten Buch „Meine Bibel – Impulse fürs Hier und Jetzt“. Dazu Worte und Wortloses, gesungen von der Sopranistin Anja Jünger. Schließlich: Wortloses, gespielt von Thomas Grewe am Piano. All das soll die Lahmheit überlisten und Menschen, die vielleicht nicht immer gut bei Kräften sind, aufrichten. Die Mixtur bewirkt also kein Feiern bis zum Umfallen, sondern – darauf zielt die Rezeptur – ein Feiern bis zum Aufstehen.

Krafttrunk

Die Zutaten für den Krafttrunk sind nicht streng voneinander geschieden, werden in keinem isolierten Nacheinander verabreicht. Stattdessen kommentieren sie einander, vermengen und mischen sich. Das Ergebnis: Ein Gebräu, das offenbar wirkt. Denn das Gros der 80 Besucher schleicht nach 64 Minuten – das die Dauer der Einnahme – nicht ins gewohnte Heim aufs Sofa zurück. Stattdessen bleiben sie ausgangs der Konzertlesung im Freien, sitzen oder stehen an Tischen, sofern sie nicht Teil der langen Schlange vor dem Getränkeausschank sind.

Für die Relativierung der Erdenschwere sorgen auch Getränke

Nicht unterkriegen lassen

„Es war berührend, gerade da, wo Musik und Wort zusammenklangen“, sagt eine Besucherin. Eine andere schildert ihre vorherige Skepsis, wie das angekündigte Motto „Wie Schnecken Schwung bekommen“ mit Biblischem zusammenpassen soll. „Aber jetzt war es fast wie eine Predigt: Sich nicht unterkriegen lassen! Das ist wichtig. “

Kirchhof der Christuskirche Dietzenbach - Foto von Prfo. Dr. Reinhard Tscheutschner

Hoch oben

Der Erdanziehungskraft die Alleinherrschaft streitig machen? Diese Absicht wird dank der in die Gegenrichtung strebenden Stücke “Air” von Johann Sebastian Bach, “Nella Phantasia” von Ennio Morricone und “Domine Deus” von Antonio Vivaldi spürbar. Dazu treten Worte aus dem Sefer Schemot und dem Markusevangelium, die von der immer wieder neu aufkommenden Sehnsucht nach dem Glück handeln. “Also um das Gefühl hoch oben zu sein, vielleicht sogar zu fliegen. Alles ist dann leicht und heiter. Und du weißt, du bist am Ziel.”

Endlich feiern

Mit der Sehnsucht nach dem Glück würden Niederschläge, Niederlagen, Erstarrung und der Kriechgang nicht geleugnet, sagt Magirius. Nur erzähle die Bibel eben – oft von diesen Erfahrungen angestachelt – immer auch von der Aussicht, nicht verschatten zu müssen, sondern aufzustehen. Da sei Licht, eine Form der Leichtigkeit, die gerade denen gelte, deren Flügel lahmen. Und all jene, die glauben noch niemals Flügel gehabt zu haben, würden notfalls sogar dorthin getragen, wo der Mut zuhause ist, „von nun an nie mehr ein Leben zu führen, in dem es nichts zu feiern gibt.“

Pfarrerin Andrea Schwarze, Sopranistin Anja Jünger, Georg Magirius in Dietzenbach - Foto (c) Prof. Dr. Reinhard Tscheutschner

Feiern bis zum Aufstehen – Weitere Fotos

Die Fotos des Beitrags stammen von Gabriele Koll, Georg Magirius und Prof. Dr. Reinhard Tscheutschner. Das Buch “Meine Bibel – Impulse fürs Hier und Jetzt”, lektoriert von Ursula Heeke, ist im Coppenrath Verlag veröffentlicht. Die Foto der Galerie vergrößern sich durchs Anklicken der Bilder.