Franken

15 Jahre GangART

15 Jahre GangART: Pilgerinnen und Pilger auf dem Rotweinweg zum Kloster Engelberg

Die Heilspraxis feiert “15 Jahre GangART“. Die Jubiläumstour führt im September 2024 durch eine Dünenlandschaft mit Krüppelkiefern – und das mehrere hundert Kilometer vom Meer entfernt. Mit Überraschungen konnte man auch bei den 62 Wanderungen zuvor rechnen. Pfarrerin Regina Westphal und Schriftsteller Georg Magirius begleiteten 1245 Teilnehmer durch Taunus, Frankfurt, Schwarzwald – vor allem aber durch Franken. Zum Jubiläum berichtet außerdem das Domradio Köln über die Spirituelle Wanderungen: “Wind, Atemhauch und Heiliger Geist”.

Lockerung

Zehntausende lesen die Wanderberichte. Viele Pilger-, Foto- und Wanderbücher entstehen durch die Touren, vor allem aber Spaß. Das Gehen in der Natur lockert auf. Begleitet wird es von Worten, die Gutes sagen. Was nicht viel anderes bedeutet als: Segen.

15 Jahre GangART: Pfarrerin Regina Westphal im Buchenbach im Mai 2009

Barfuß

Im Mai 2009 ziehen erstmals 15 Wanderinnen und Kurzpilger unter dem Motto “Die Quelle des Lebens” im Spessart los – und dann gleich barfuß durch den Buchenbach. Niemand rutscht aus, bleibt im Bachbett liegen.

Auf Engelsspuren

Stattdessen wirken die Fußgänger so erfrischt, dass sie die verwitterten Stufen der Treppe durch den Klostergarten zur Kirche leichtfüßig bewältigen. Als die GangARTianer bei einer folgenden Tour auf dem Rotweinweg kämpfenden Engeln begegnen, sind mehr als 60 dabei. Gruppen müssen jetzt erst einmal geteilt, Touren zwei Mal angeboten werden, damit alle dank ausreichend Überblick das Ziel erreichen.

Muße statt Müssen: Im Fränkischen Weinland nach Veitshöchheim

Frischer Wind

Unterdessen sind Radio, Zeitungen und Fernsehen auf den frischen Wind auf alten Wegen aufmerksam geworden. Ob FAZ, Leipziger Zeitung, BR-Rucksackradio, Main-Post, FNP, Offenbach-Post, ERF, hr-Fernsehen, Domradio Köln oder kürzlich erst der Podcast Conny & Kurt, das Main-Echo, EFO– und auch das EFOI-Magazin: Einig ist man sich, dass das Pilgern im Kleinformat paradoxer Weise Weite beschert. Da ist genug Muße, sich kulinarischen Genüssen zu widmen. Oder einer Aussicht.

In der Ruine Collenburg - 15 Jahre GangART

Jugendlich

Bei den Touren braucht niemand vom Leben mitgegebene Beschwernisse zu verstecken. Nur werden sie nicht durch Referate, komplexe Arbeitsaufträge oder martyriumartige Gruppendiskussionen vermehrt. Stattdessen verlieren sie schrittweise und wie von selbst Gewicht. Manche gehen bewusst einmal mit, andere mehrfach. Aber noch keine Tour hatte die gleiche Besetzung. Fast immer ist jemand zum ersten Mal dabei. So wird “die Wanderschule” (Main Echo), die sich dem Aufbruch widmet, stets von Neuem aufgebrochen.

Unterwegs zum Glitzerstein - Adventswanderung bei Aschaffenburg

Nicht zu streng

Gleichbleibend ist: Meditative Momente werden angestrebt, ohne sie erzwingen zu wollen. Einen längeren Abschnitt geht man bewusst schweigend, was den Atemzügen Gleichmaß und eine staunenswerte Tiefe gibt. Genauso ist da eine Achtsamkeit dafür, nicht immerfort streng achtsam sein zu müssen, sondern sich lieber mal von einem Lächeln, Lachen oder Witz mitnehmen zu lassen.

Regenekstase auf dem Elisabethpfad

Regen-Ekstase

Vielleicht deshalb scheut man nicht das Risiko. So konfrontieren sich die Wanderer mit Absturzgefahren in den Haßbergen, mit Erdrutschen auf dem Grotten-Weg, mit Wildschweinen, Sumpf-Landdschaften und Schneewehen. Ein Regentag auf dem Elisabethpfad in der Maibacher Schweiz, der an die Üppigkeit einer Sinfonie erinnert, wirkt wie der Ausweg aus dem Sonnenkult.

Tasse auf der Terrasse

Eines erschütternden Wandertages erfährt man, dass eine Sitte offenbar keine Geltung mehr besitzt, die im Deutschsein doch genetisch verankert schien. Durchbrochen nämlich ist das Café-Gebot, draußen nur Kännchen bestellen zu dürfen. Auch wenn es kaum jemand für möglich hält: Die Welt ist wegen der Tassen auf den Terrassen nicht untergegangen.

Euphorie

Im Steigerwald steuert man einen Seelensee an, steht im Hochspessart oben auf einer Skisprungschanze, forscht gleich neben dem Rhein-Main-Flughafen nach Stille, knackt in Kelkheim das Höhlenrätsel, entführt bei Miltenberg einen Hund und erfährt bei Königstein ein Wasserwunder. Am Bullauer Berg stößt man auf im Wald verstreute Riesensäulen, erklimmt den Mount Everest des Rhein-Main-Gebiets, begeht ein Stilleduett mit PKWs auf der Rosa-Luxemburg-Straße bei Kemberg in der Dübener Heide und feiert eine Supereuphorie im Odenwälder Ohrnbachtal.

Romantik

In Marktbreit im Kitzinger Land bietet sich ein so romantischer Frankenblick, dass sogar eine Pilgerin, die über mehrere Touren kein einziges Mal mit Handy gesehen wurde, auf einmal eins aus dem Rucksack holt, um ein Foto zu machen.

Der Himmel ist nie ausgeschlossen

In der Rhön labt man sich an Wassern der Unendlichkeit, in Monbrunn am Appeltat und legt sich auf dem Kinzigtäler Jakobusweg im Schwarzwald Heidelbeermousse auf die Zunge, während Jugendliche im Tal der Ahnungslosen Pommes essen. Und dann geschieht noch etwas, das nun nicht gerade als spirituell spektakulär und vorzeigbar gerühmt werden kann. Trotzdem scheint es ein Bild dafür zu sein, weshalb GangART immer neu Sauerstoff erfährt. Auf dem Gotthard bei Amorbach tritt man in eine Kapelle, die weder Fensterglas noch Türen besitzt, also eher einen ruinösen denn luxuriösen Charakter besitzt. Dadurch allerdings muss niemand anklopfen oder pompöse Türen bewegen. Der Blick geht durch die fensterfreien Öffnungen ungetrübt nach draußen. In dieser Kirche ist der Himmel niemals ausgeschlossen.

15 Jahre GangART: Fotos

Die Fotos “15 Jahre GangART” stammen von Petra Mathein, Matthias Keilholz und Georg Magirius. Informationen zur Jubiläumstour. Im Domradio Köln ist Georg Magirius zum Jubiläum zu hören, interviewt von Sonja Geus. Das Interview findet sich hier.